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Geschichte und Entwickler

Juan de la Cierva stammt aus einer noblen spanischen Familie; sein Vater ist Bürgermeister von Murcia und Kriegsminister des Landes.
Noch vor dem ersten Weltkrieg steigt Juan de la Cierva in den Flugzeugbau ein, ehe er ein Ingenieurstudium beginnt.

1918 bringt er eine leistungsfähige Dreimot heraus - die allerdings bald abstürzt: Der Pilot hat das Flugzeug überzogen.

Cierva will Unfälle dieser Art vermeiden helfen. Als er 1919 über den Autogiro (eine Wortschöpfung Ciervas, die er sich schützen lässt) nachzudenken beginnt, ist das Prinzip der Autorotation bereits bekannt; der Antrieb einer Luftschraube durch den Wind, der sie durchströmt.
Anwendung in der Luftfahrt findet die Autorotation nicht.
Der Hubschrauber ist in diesen Jahren noch Theorie; auch die Motoren sind noch nicht leistungsstark genug.
Der Spanier denkt jedoch, dass für einen Autogiro die Antriebe der Zeit reichen sollten.
So entsteht 1920 seine C.1, für die der ausrangierte Rumpf einer Deperdussion herhalten muss.
Sie wird kein Erfolg, ebenso wenig wie die beiden folgenden Maschinen.
Cierva stellt fest, dass man die Flügel nicht einfach durch einen Rotor ersetzen kann.


Das Kernproblem:
Bei fest aufgehängten Blättern liefert das nach vorn drehende Blatt mehr Auftrieb, als das nach hinten drehende, weil der Fahrtwind zur Drehgeschwindigkeit hinzukommt.
Ciervas Lösung:
Eine Blattaufhängung mit Gelenken, die dem quasi "schnelleren" Blatt weniger Anstellwinkel verleihen und dem "langsameren" mehr. Dadurch liefert die rechte und die linke Rotorkreishälfte wieder gleich viel Auftrieb.
Somit liegt erst die C.4 stabil in der Luft. Ihr Vierblatt-Rotor hat 10 m Durchmesser. Im Januar 1923 schafft
Leutnant Alejandro Gomez Spencer, Ciervas erster Testpilot, auf dem Flugplatz Cuatro Vientos bei Madrid einen Vollkreis mit vier Kilometern Umfang in dreieinhalb Minuten und 25 Metern Flughöhe zu fliegen.
Insider waren beindruckt: "Sie war sicher! Einmal ging sie in einen steilen Steigflug, wurde immer langsamer und blieb dann geradezu in der Luft hängen", notierte später ein verblüffter Colonel der US-Army-Luftstreikräfte. Er hatte mit einem Absturz gerechnet.

Es dauerte fast noch mal zwei Jahre, ehe mit der C.6 der Durchbruch gelang - ein Überlandflug über 12 km !
Dabei kommt der Rumpf einer Avro 504K zum Einsatz.
Dieser robuste britische Militärtrainer ist längs veraltert, ebenso wie sein 110-PS-Rotationsmotor.
Revolutionär ist nur der Vierblattrotor mit seinen Schlag- und Schwenkgelenken, der an einem Pylon über dem Cockpit montiert ist. Stummelflügel an Auslegern liefern zusätzlichen Auftrieb; sie erhöhen die Flugstabilität und fungieren auch als Querruder.
Im Oktober 1925 wagt sich Cierva mit seiner C.6 ins britische Farnborough, wo das Luftfahrtministerium jede Neuerung testen lässt.
Die Skepsis der Augenzeugen verfliegt erst, als das merkwürdige Vehikel in der Luft ist. Am meisten überrascht der steile, fast senkrechte Anflug bei der Landung - bis zu 80 Grad - und die kurze Rollstrecke nach dem Aufsetzten, kaum mehr als drei Meter! Die Vorführung wird ein voller Erfolg und zeigt, dass der Tragschrauber nicht weniger vermag als ein gewöhnliches Flugzeug und nicht schwerer zu beherschen ist. Im Gegenteil, er ist deutlich wendiger und langsamflugfähig.
Beim Start hingegen hat man Probleme, die Rotorblätter in eine brauchbare Anfangsdrehzahl zu versetzen. Zudem sieht es sehr improvisiert aus, wenn die Blätter von Hand - direkt und per Seil - einen Initialschub erhalten.
Cierva erkannte, dass es so nicht weitergehen konnte. Erst mit der C.19 wird das Problem der Vorrotation beseitigt, indem der Rotor über eine Kupplung vom Motor in Schwung gebracht wird. Kurz vor dem Abheben trennt der Pilot den Mechanismus wieder.
Die Briten sind die Ersten, die sich für den Autogiro erwärmen und auch bereit, das Konzept industriell umzusetzen.
Cierva zog 1925 nach England und gründete mit Hilfe eines Investors die Cierva Autogiro Company.
Luftfahrtpionier Alliott Verdon Roe, der als AVRO fimiert, lieferte die Zellen.
1928 kann Cierva auch in den USA Fuß fassen. Der Multimillionär Herold F. Pitcain steigt 1928 mit seinem Geld in die Autogiro-Produktion ein und wirbt in aufwendigen Prospekten um Kundschaft. Firmen in Deutschland und Frankreich kauften ebenfalls Lizenzrechte. Hierzulande profitiert Focke-Achgelis von Ciervas Grundlagenforschung.
Mit den Jahren wurden die Tragschrauber immer ausgefeilter. Es gelingen Ihnen bald Manöver, die kein Flugzeug fliegen kann - etwa den Start vom Fleck weg. Das funktioniert erst mit variablem Pitch der Rotorblätter.
Die C.30, die 1934 bei AVRO in Produktion geht, dient der Royal Air Force unter der Bezeichnung Rota MK.1 bis 1945 zur Kalibrierung von Radaranlagen. Damit hat der Gyrocopter seinen Durchbruch als vollwertiges Fluggerät erziehlt.
Die C.40 gilt als erster wirklich ausgereifter Autogiro. Er nimmt den künftigen Hubschrauber quasi vorweg. Im Gelenkkopf des Rotors steckte alles, was ein Heli braucht.

Schon 1936 verabschiedet sich Juan de la Cierva gedanklich vom Tragschrauber und wendete sich dem Hubschrauber zu. Die Zeit war reif. Er erlebt dessen Aufstieg nicht mehr.
Am 08.Dezember.1936 bestieg er im Londoner Stadtbezirk Croydon eine DC-2 der KLM mit dem Flugziel Amsterdam. Die Maschine startete in den Nebel und zerschellte an einem Gebäude.
Der Erfinder des Autogiros wurde nur 41 Jahre alt.

Mit dem Tod Ciervas schien es um den Tragschrauber geschehen zu sein.
Er verschwindet für viele Jahrzehnte von der Bildfläche.
Erst in den siebziger Jahren - 1964 - etablieren sich die winzigen Bensen-Gyrocopter von Dr. Igor Benson.
Bekannt auch aus einem James Bond-Kinofilm als "Littel Nelly".
In Europa und weltweit erlebt der Tragschrauber dadurch ein fulminantes Comeback.

1983 wird das Ultra-Leicht-Fliegen in Deutschland legalisiert, nachdem dieser Flugsport im Ausland immer beliebter wurde.

1990 folgt die Entwicklung der ersten Tragschrauber im UL-Format, in Form des Magni M14 und M16 durch den Italiener Magnie.
Kurz darauf baut die spanische Firma ELA den ELA 07.

2003 erhält der erste deutsche Ul-Tragschrauber MT 03 die deutsche Musterzulassung. Die beiden deutschen Pioniere Thomas Kiggen und Michael Ulrich stehen hinter dieser behördlichen Marathonleistung. Die Erstbuchstaben ihrer Vornamen und das Zulassungsjahr bilden den Luftgerätenamen MT 03. Sie legen auch den Grundstein für die erste zugelassene Ausbildungsstätte für Tragschrauberpiloten in Deutschland im beschaulichen Hildesheim.
2004 geben Sie die Produktion in die Hände der Firma HTC Auto-Gyro Europe in Hildesheim.

2008 wird der MT 03 nach vielen kleinen Verbesserungen durch einen deutlich besseren MTOsport abgelöst.
Dieser hat nicht nur einen geringeren Luftwiderstand durch einen geänderten Mastwinkel, sondern neben einer deutlich angenehmeren Sitzposition des Piloten ist er in verschiedenen Varianten erhältlich, die unterschiedliche Rotorlängen und einen Verstellpropeller beinhalten.

2009 wird der erste zweisitzige geschlossene Tragschrauber zugelassen, der Xenon.
Er ist Formschön und bietet ein "Side by Side - Sitzen" der Piloten. Zudem schützt sein breites Fahrwerk vor "Bodenumfallern".
Doch auch HTC Auto-Gyro Europe bringt einen geschlossenen Tragschrauber auf den Markt, den Calidus. Hier sitzen die Piloten in der vom MTOsport her gewöhnten Tandemanordnung. Dieser fliegt bis zu 200 km/h schnell.
Der Calidus besitzt seine deutsche Musterzulassung seit Frühjahr 2010.

Die Tragschrauber haben sich als besonders Rund-, Foto- und Kontrollflugtauglich erwiesen.
In Brandenburg hat sogar die Polizei ihre Tauglichkeit mit der Rundflug- und Ausbildungsstätte in Saarmund getestet.

Mit dem Cavalon als komfortable "Side by Side"-Ausführung rundete Auto-Gyro 2012 seine Produktpalette ab.

Quelle: gyrocopter-ostsee-rundflug.de